Geschichte des Volkskundlichen Gerätemuseums Arzberg-Bergnersreuth

Luftaufnahme Bergnersreuth

Das Volkskundliche Gerätemuseum ging aus einer Sammlung des Arbeitskreises Volkskundliches Gerät des Fichtelgebirgsvereins, Ortsgruppe Arzberg hervor. Diese Sammlung verdient deshalb besonderes Augenmerk bei der Formulierung der Museumsgeschichte. Treibende Kraft war Hans-Günther Tröger, Wagnermeister/Karosseriebauer aus Arzberg.

Ab 1971 wurde eine Sammlung von volkskundlichen Geräten aus dem Fichtelgebirge und dem Steinwald (Oberpfalz) aufgebaut. 1976 umfasste die Sammlung bereits 3000 Objekte. Heimatforscher Dr. F.W. Singer hatte 1975 insgesamt 12 Sachgruppen für die Volkskundliche Gerätesammlung Arzberg formuliert:

I.Hauseinrichtung und Hausrat

II.Viehhaltung

III.Transport

IV.Landwirtschaft (Acker und Wiesen)

V. Winterarbeit in der Landwirtschaft (Geräte)

VI.Waldbau

VII.Handwerk

VIII.Bauen

IX.Weg und Strassenmarkierungen

X.Feuerwehr

XI.Bergbau

XI. Dokumente, Schriften, Archivalien

1978 war die Sammlung bereits derartig angewachsen, dass der Arbeitskreis eine Sammelpause einlegen wollte. 1980 wurde dieses Vorgehen verworfen und weiter gesammelt. Der ursprüngliche Plan, die Sammlung dem Fichtelgebirgsmuseum einzugliedern scheiterte aufgrund der immensen Größe, die die Sammlung innerhalb kürzester Zeit angenommen hatte. 1981 äußerte sich zudem Frau Dr. Lotz, Leiterin des Fichtelgebirgsmuseums zu einigen Objekten, die sie übernehmen sollte: „es mangelt an Beschriftungen, zudem ist Schimmelbefall und Holzwurmbefall feststellbar.“

1981 bildete sich unter der Leitung von Hans-Günther Tröger ein „Arbeitskreis für Volkskunde und Heimatgeschichte“. Die gesammelten Geräte wurden in der alten Berufsschule Arzberg und in einer Scheune am Schachtweg gelagert und gezeigt. Die Mitlieder des Arbeitskreises inventarisierten diese Geräte. Ausstellungen, Vorträge und Führungen machten die Sammlung bekannt.

1985 fasste der Hauptausschuss des Fichtelgebirgsvereins den Beschluss die volkskundliche Gerätesammlung in einen neu zu gründenden Zweckverband (1985) einzubringen, nachdem die Stadt Arzberg sich bereit erklärt hatte, für die Unterbringung der Sammlung einen 1980 von der Stadt Arzberg angekauften Bauernhof in Bergnersreuth zur Verfügung stellen zu wollen. Zunächst wurde dieser Plan mit Skepsis aufgenommen. Ein Standort in der Stadt wurde langfristig als sinnvoller erachtet. Andere wünschten sich ein Gebäude mit älterer Baugeschichte. Der Bergnersreuther Bauernhof war zunächst nur realisierbare Vernunftsentscheidung. Hans Günther Tröger überzeugte alle Skeptiker, dass dies der richtige Weg sei. Der FGV stiftete 5000 DM für notwendige Sicherungsmaßnahmen an den Gebäuden des historischen Hofes und 70 000 DM für die Errichtung eines Museums.

Der am 15.12. 1985 neu gegründete Zweckverband „Volkskundliches Gerätemuseum Arzberg-Bergnersreuth“ finanzierte sich zu 70 % aus Mitteln des Landkreises Wunsiedel, 20 % Stadt Arzberg und 10 % des Fichtelgebirgsvereins. Hans Günther Tröger wurde 1986 ehrenamtlicher Museumsleiter.

Die Kriterien des Sammelns wurden in der Folge seitens des Arbeitskreis-Vorsitzenden Hans-Günther Tröger formuliert. Das bäuerlich-kleinhandwerkliche und bürgerlich-ländliche Leben sollte anhand von Geräten und Gerätschaften, Werkzeugen und Mechanismen des vorindustriellen Zeitalters dokumentiert werden. Sammlungsgebiet sollte das gesamte geographische Fichtelgebirge sein.

In den folgenden Jahren musste der Sammlungsbereich im wesentlichen auf den Landkreis Wunsiedel und auf den nördlichen Teil des Steinwaldes, also den Einzugsbereich von Waldershof begrenzt werden. Für die Region bedeutsame Industrieerzeugnisse wurden ab 1998 auch aufgenommen. Großgeräte und Fahrzeuge gehörten nicht zum Sammlungsziel, es sei denn sie wurden in der Region gefertigt. Im gleichen Jahr wurde auch die zeitliche Begrenzung der zu sammelnden Objekte nur bis zum Jahr 1955 aufgegeben. Es sollten im wesentlichen Leitgeräte (Urtypen) gesammelt werden, Ankäufe nur bei der Bevölkerung getätigt werden, da hier die Provenienz bekannt war.

Am 1.6. 1988 wurde Hanns Jacob als wissenschaftlicher Mitarbeiter eingestellt. Er erarbeitete ein „Rahmenkonzept zur Errichtung eines Volkskundlichen Gerätemuseums“. Während der Planungen entschloss man sich aufgrund der denkmalpflegerischen Erkenntnisse, neben der Sanierung, Restaurierung und innenarchitektonischen Dauerausstellungskonzeption ein modernes Verwaltungs- und Funktionsgebäude zu errichten. Hanns Iacob war in der Folge von 1989 bis 2003 wissenschaftlicher Mitarbeiter. Bis 1990 erfolgte die Inventarisierung des Altbestandes (Zeichnungen u.a. von Emil Richter) mit insgesamt 13 000 Objekten.

1993 wurde das Volkskundliche Gerätemuseum mit einer Festwoche feierlich eröffnet. Aus der Festschrift zur Eröffnung: „Kaum einem Museumsprojekt ist in der örtlichen veröffentlichten Meinung so viel Skepsis und Widerstand entgegengesetzt worden wie dem in Bergnersreuth. Erklärungen: die kurze Zeit zwischen Idee, Gründung des Zweckverbandes (1985) und dem Planungsbeginn. Neue Erkenntnisse führten zu Verbesserungen des Konzeptes, manche sahen dabei aber nur Kostensteigerungen. Auch die Länge der Bauzeit ließ Zweifel entstehen. Nun die einhellige Zustimmung aller politischer Kreise in Arzberg.“

Dabei beeinflusste die reiche Schablonenmalerei im Wohnhaus das Konzept maßgeblich. Das Wohnhaus, die Stallungen und die gesamte Außenanlage wurde im Sinne eines Freilichtmuseums behandelt. Das Museum besteht seitdem aus einem Freilichtteil und einem Dauer- und Sonderausstellungsbereich in der Neuen Scheune. Hierfür waren zahlreiche bauliche Eingriffe nötig. Unter anderem wurde eine nur von innen sichtbare Eisenkonstruktion eingebaut. Alle Gebäude besitzen eine Temperierung. Freiflächen bilden der Acker und ein großer Hofraum mit Gärten und Obstbestand. Weiterhin ist im neu errichteten Verwaltungsgebäude die Museumsverwaltung mit Kasse, Lehrküche und Veranstaltungsraum zu finden.

Die Dauerausstellung widmet sich den Themen Landwirtschaft, Transport und Konservierung.

2007 wurde die Studiensammlung ausgelagert und die Weiss’sche Krippe mit orientalischem und alpenländischem Teil eingebaut. Durch diese Einbringung hat sich die Winterschließung auf 4-6 Wochen in den Monaten Februar/März verkürzt.

Bis 1997 war Hans-Günther Tröger ehrenamtlicher Museumsleiter. Ihm folgte 1998 Wilhelm Siemen nach. Im Oktober 2009 wurde die Museumsleitung des Fichtelgebirgsmuseums auch zur Museumsleitung im Gerätemuseum bestimmt. Dr. Sabine Zehentmeier-Lang ist nun seit Oktober 2009 für Bergnersreuth zuständig.

2009 existierten für das Volkskundliche Gerätemuseum Arzberg-Bergnersreuth zwei Außendepots, in Thierstein und in Thiersheim. 2012 konnte eine stillgelegte Handschuhfabrik zunächst angemietet und 2016 schließlich angekauft werden. Die bestehenden Depots wurden aufgelassen. Die Objekte gesichtet, inventarisiert und in das neue heizbare zentrale Außendepot eingebracht. Auch die Objekte aus dem ehemaligen Außendepot des Fichtelgebirgsmuseums (Bezirksamt) fanden hier Eingang.

Dank der Unterstützung der Landesstelle Nichtstaatliche Museen und der Oberfrankenstiftung konnte ein Regalsystem, Lagerkartons und – kisten, Textilschränke und ein Planschrank angeschafft werden. Auch elektronische Temperatur- und Feuchtemesser konnten eingebracht werden. 2017 erfolgte abschließend eine grundlegende Begasungsmaßnahme des neuen Zentraldepots der Fichtelgebirgsmuseen.

Das Volkskundliche Gerätemuseum Bergnersreuth kann auf 4 Publikationen bis 2012 zurückblicken.

Dr. Sabine Zehentmeier-Lang, Wunsiedel, November 2017